Birkenzucker (Xylit/Xylitol) – das süße Wunder
Birkenzucker (Xylit/Xylitol), auch unter dem Namen Xylit bekannt, ist ein Zuckeraustauschstoff, welcher in Aussehen, Geschmack und Süßkraft mit üblichem Haushaltszucker vergleichbar ist. Seinen Namen verdankt er seiner Entdeckung in den nährstoffreichen Fasern der Birkenrinde. Chemisch gesehen ist Xylit ein Zuckeralkohol. Im Vergleich zu Zucker verfügt er jedoch über außergewöhnliche, positive Eigenschaften, die seinesgleichen suchen.
Xylit in der Natur
Xylit kommt natürlicherweise in vielen Früchten, Beeren (z.B. in Him- und Erbeeren), sowie Gemüsepflanzen (z. B. Mais) vor und wird heute vor allem aus dem Polysaccharid Xylan hergestellt, welches besonders reichlich im Birkenholz enthalten ist. Die industrielle Herstellung ist sehr aufwendig, so dass Xylit ein relativ teurer Zuckeraustauschstoff ist.
Xylit im Körper
Für den Menschen ist Xylit kein fremder Stoff, sondern er entsteht in der Leber als Zwischenprodukt beim Abbau von Kohlenhydraten (täglich 5-15 g). Mit der Nahrung aufgenommenes Xylit wird im Dünndarm nur passiv, also langsam und unvollständig resorbiert. Im Dickdarm wird das restliche Xylit (etwa 2/3 der eingenommenen Menge) durch Bakterien in kleine Fettsäurebestandteile zerlegt, aufgenommen und in Form von Kohlendioxid und Wasser wieder ausgeschieden.
Unterschiede zwischen Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen
Zuckeraustauschstoffe wie beispielsweise Xylit oder Sorbit sind keine Süßstoffe (!), sondern zuckerähnliche Substanzen, die in etwa die gleiche Süßkraft wie Zucker aufweisen. Im Gegensatz zu Süßstoffen handelt es sich hierbei um kalorienhaltige Stoffe, die allerdings im Vergleich zu Haushaltszucker etwa 40% weniger Kalorien liefern.
Süßstoffe, wie Saccharin, Aspartam, Acesulfam oder Cyclamat, besitzen zwar eine weitaus höhere Süßkraft als Zucker, werden allerdings synthetisch hergestellt und stellen für den Körper schädliche Fremdstoffe dar.
Die Besonderheiten von Birkenzucker (Xylit/Xylitol)
Für Diabetiker geeignet
Xylit gilt als natürlicher Insulinstabilisator, da sein Verzehr keine übermäßige Insulinausschüttung zur Folge hat. Der Glykämische Index* liegt bei nur 7 (zum Vergleich: Traubenzucker 100, Haushaltszucker 65, Vollkornbrot 40).
* Glykämischer Index (GI): Maßstab zur Bestimmung der blutzuckersteigernden Wirkung von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln. Je größer der Wert, umso schneller und höher steigt der Blutzuckerspiegel und desto höher ist auch die Insulinausschüttung.
Anti-kariogene Wirkung
Xylit wurde Anfang der 1970er-Jahre als ein mögliches kariesreduzierendes Kohlenhydrat entdeckt. An der Universität Turku (Finnland) wurden in den Jahren 1972 bis 1975 zwei klinische Studien durchgeführt, die eine hochsignifikante Reduktion von Karies belegen konnten.
In der ersten, einer zweijährigen Ernährungsstudie wurde Zucker (Saccharose) in allen Lebensmitteln durch Fructose bzw. Xylit ersetzt. Es nahmen insgesamt 115 Personen aufgeteilt in 3 Gruppen teil. Der Verzehr der Süßmittel belief sich auf 50 bis 67g pro Tag. Nach der Studie konnte eine Kariesreduktion von 30% bei Fructose und von über 85% beim Einsatz von Xylit ermittelt werden.
Diese Effekte werden dadurch erklärt, dass die kariogenen Streptococcus mutans das Xylit nicht verstoffwechseln können und damit absterben. Außerdem werden sie daran gehindert, als Plaquebakterien an der Zahnoberfläche anzuheften.
Darüber hinaus regt Xylit die Speichelproduktion an und fördert die Bildung von Komplexen mit Calcium und Speicheleiweißen in der Mundhöhle, was zu einer Remineralisation von Zahnhartsubstanz führt.
In einer weiteren Turku-Studie aus dem Jahr 2000 wurden die Wechselwirkungen zwischen Müttern, die regelmäßig xylithaltige Kaugummis kauten, und ihren Kindern (bis 2 Jahre alt) untersucht. Die Untersuchung ergab, dass der regelmäßige Konsum von Xylit-Kaugummis den Befall mit Streptococcus mutans signifikant hemmt.
Mittelohrentzündungsvorbeugende Wirkung
In einer finnischen Studie wurde nachgewiesen, dass Kinder, die täglich Xylit als Sirup oder in Form von Gummibonbons erhielten, im Vergleich zu Kindern einer Kontrollgruppe, die das Süßungsmittel nicht erhielt, 30–40% weniger häufig an einer Mittelohrentzündung erkrankten.
Osteoporosevorbeugende Wirkung
Im Darm bildet Birkenzucker (Xylit/Xylitol) Komplexe mit Calcium und erleichtert dessen Resorption. Möglicherweise ist dies ein Hinweis dafür, dass dieser Stoff hilfreich bei der Vorbeugung von Osteoporose sein könnte.
Verwendung von Birkenzucker (Xylit/Xylitol)
1. Süßungsmittel Birkenzucker (Xylit/Xylitol)
Birkenzucker (Xylit) kann aufgrund seiner zuckerähnlichen Eigenschaften und seines Geschmackes den Zucker fast in sämtlichen Speisen oder Getränken ersetzen. Einzige Ausnahme stellt die Zubereitung von Hefeteig dar. Hefen sind nicht in der Lage, den Birkenzucker (Xylit/Xylitol) als Nahrungsquelle zu nutzen.
2. Mundspülungen mit Birkenzucker (Xylit/Xylitol)
Birkenzucker (Xylit/Xylitol) ist nicht nur ein perfektes Süßungsmittel, sondern kann auch als zahnpflegende Mundspülung wunderbare Erfolge erzielen. Der Zahnarzt Dr. Bruhns, der das reine Xylitpulver als Mundspülung oder Zahnpasta-Ersatz getestet hat, konnte bei seinen Patienten den Rückgang von Karies und Parodontose beobachten. Dr. Bruhns empfiehlt dreimal täglich nach den Mahlzeiten oder zwischendurch einen halben Teelöffel voll Xylitpulver in den Mund zu nehmen, im Speichel zu lösen, drei bis fünf Minuten einwirken zu lassen und anschließend einfach auszuspucken. Es sollte nicht nachgespült werden, um die zahnschützende Wirkung optimal auszunutzen.
Überdosierung ?
Bei übermäßigem Verzehr kann Birkenzucker (Xylit/Xylitol) eine abführende Wirkung haben. Er bindet im Darm Wasser, so dass ab einer gewissen Menge Durchfall auftreten kann. Die Grenzwerte für Zuckeraustauschstoffe liegen bei 0,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Das Besondere an Xylit ist jedoch, dass der Körper in der Lage ist, sich an größere Mengen Xylit zu gewöhnen, ohne dass ein Abführeffekt eintritt. In Studien wurden Einnahmen von bis zu 200 g Xylit täglich problemlos vertragen.
Literatur
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Der Einsatz von Xylit in der Kariesprophylaxe
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Prof. Dr. Wolfgang Strübig, Bern Xylit und Kaugummi – eine ideale kariespräventive Kombination?
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